Ashes for Breakfast (15 page)

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Authors: Durs Grünbein

BOOK: Ashes for Breakfast
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Still gezeugt von Verliebten, wer weiß, auf der nächstbesten Trage

Beiseitegeschafft nach dem Herzinfarkt, mit erkalteten Hoden.

Einer, der weiß, wann ein Wort nicht mehr wirkt. Der verschlossen nickt,

Weil auch Lächeln trügt, Scham, und der Mund gern den Rachen deckt.

Sind die tragischsten Rollen nicht stumm? Und wie viele Szenen

Bleiben unbezeugt, eh der Lappen flink übers Wachstuch streicht.

Menschen ändern sich, Städte, doch nicht am Nabel der Leberfleck.

Und wehe, du beugst dich nicht, eine Kußhand hier, dort ein Dehnen

Akrobatischer Glieder, — diesem Leben, so unnütz, so reich.

 

(ROBINSON IN DER STADT)

Wie die Ufer versteinern … Nur er schaut aufs Meer hin wie immer.

›Dieses winzige Zweibein, wer ist das?‹, fragen sich stumm die Gerüste

Am neusten Büroturm, die skelettsteifen Kräne. ›Absolut spinnert‹,

Gähnt ein Erdloch und stinkt.

                                                      Aus dem Schiffbruch kein Zimmer,

Vom Kinderbett keine Planke blieb übrig. ›Nicht, daß ich wüßte‹,

Schweigt ein Sperrzaun, befragt, ob der Mensch ihn an etwas erinnert.

Doch er kann es nicht lassen. Tief im Landesinnern gestrandet,

Sind die Dächer der Vorstadt sein Horizont, den er absucht. Wonach?

Aus den Segeln wurde die Leinwand der Kinos. Was draußen brandet,

Ist nur der Autoverkehr. Kein Mast, der ihm nicht droht ›Dich leg ich flach‹.

›Verpiß dich!‹ schallt es von jedem Friedhof, den die Bulldozer räumen,

Weil die Liegezeit um ist, verjährt sind die Abos für morsche Gebeine.

Allerorts treibt ein Blaulicht durch Straßen, ohrenbetäubend — — tatüü, tatüü!

Nur er grast den Beton ab, Sammler von Strandgut, kommt nie ins Reine,

Wenn am Freitag zum Beispiel, auf hohem Absatz, genug zum Träumen,

Ein Chanson mit den Hüften schwenkt: ›
La mort vient et je suis nu …
‹.

 

(VON DEN TAGESZEITUNGEN)

Ich habe Asche gegessen zum Frühstück, den schwarzen

Staub, der aus Zeitungen fällt, aus den druckfrischen Spalten,

Wo ein Putsch keine Flecken macht und der Wirbelsturm steht.

Und es schien mir, als schmatzten sie, die parlierenden Parzen,

Wenn im Sportteil der Krieg begann, dem der Aktienkurs traut.

Ich habe Asche gegessen zum Frühstück. Meine Tagesdiät.

Und von Clio, wie immer, kein Sterbenswort … Da, beim Falten,

Lief das Rascheln der Seiten als Schauer mir über die Haut.

 

(VON DEN REDEN IM SCHLAF)

Der Schaden ist angerichtet. Jetzt kannst du sehen.

Was ein Leben zusammenhält, ist das Loch im Kalender.

Kein Apoll, jeder Typ an der Ecke sagt dir, du mußt es ändern.

Denn geweint wird hier viel. Doch nur einmal lag in den Wehen

Wegen dir eine Frau, und nur einmal war um dich ein Zittern,

Das die Mauern durchdrang. He, ihr Lauscher, so fing es an.

Wenn die Fichten vom Regen triefen, am Christbaum Lametta flittert,

Werden die Knie weich, jedes Jahr wieder.

                                                              Kein schmerzender Zahn

Sticht den Druck toter Tage aus, dieses Heimweh nach Ungelebtem.

Du blinzelst? Der Schaden ist angerichtet. Was man hier sieht,

Ist so anders als alles, was den vom Lutschen verklebten

Daumen verheißungsvoll machte. Wonach der Säugling schrie.

Jedes Tischtuch zeigt, der Fleck, um den gestern schon Fliegen spazierten,

Daß die Stunde wie Ware verderblich ist, wieder kein Wunder geschah.

Wo ein Datum ist, hat der Körper das Nachsehn, der Letztplazierte.

Je weiter er geht, umso tiefer versinkt er, zuletzt über beide Ohren.

Und wer weiß, ob es Scham ist, vielleicht überlebt nur das
Blablabla.

Der Schaden ist angerichtet. Die Bande, wo ist sie, der Liquidatoren?

 

(VON DER SCHÖNHEIT DER HÄMATOME)

Blut stillt sich selbst. Was da schmerzt, bleibt Geheimnis der Haut,

Die den Einsiedler deckt, bis zuletzt, und nach Stößen begehrt.

Knochensatt knirscht die Erde. Aus jeder Einsamkeit sickert Zeit.

Deshalb die Spielchen zu zweit … Wenn am Schenkel ein Veilchen blaut,

Ruft Verdacht gern den Teufel zurück, den altersschwachen Gefährten.

Dabei blüht sie nur Tage, etruskisch schön, unter Nylons und Kleid,

Die gebügelte Orchis. Aus der Rüsche, blutunterlaufen, der Raute,

Wird ein gelbgrüner Schmierfleck, der höhnt ›Sieh doch hin, du wirst alt‹.

Und schon ist sie wertlos, die blaue Mauritius dort überm Knie,

Die holzige Stelle.

                                War der Mensch nicht das Tier, das Kaugummi kaute,

Als es Eden verließ und zur Mondlandung aufbrach, von Liebe und π

Überrascht wie im Sommer der Fuß, wenn er kleben bleibt am Asphalt.

 

(VON DEN FALSCHEN BEWEGUNGEN)

Was sind das für Tage, die als springende Fohlen beginnen,

Und die Nacht ist der Igel, der am Straßenrand seine Blutspur zieht?

Wer morgens aufbrach, das Fürchten zu lernen, federleicht auf dem Kies,

Steht am Ende des Rundgangs, Beine breit, über glucksenden Regenrinnen.

Dann schwimmt vorbei, was Andromeda an die Warenhäuser verriet,

Vermischt mit Sekreten, der Brühe, die aus gewissen Kliniken fließt.

Unmöglich, das Glückskind zu bleiben.

                                                                      Wer einmal sah, wie der Hieb

Kalt in den Rücken traf, wie die Wespe den offenen Kindermund fand,

Hält sich raus aus dem Feilschen, aus ›Vater unser … ‹ und ›Selig sind … ‹.

›Zu spät!‹ schreit Herr Schadenfroh beim Anblick der blutenden Hand.

Drei Ecken weiter, am Taxistand, tönt es schon ›Haltet den Dieb!‹.

Mit jedem Vollmond feiert Ohnmacht ein Jubiläum.

                                                                                             Fledermausblind

Bahnt sich das Unheil, bürokratisch, seinen Weg durch die Menge.

Mit einer Gräte im Hals endet, was als Diner in fünf Gängen begann.

Kein ›O weh!‹ nimmt die Zentnerlast vom gequetschten Zeh,

Wenn der
Pas de deux
zum Gewichtheben wurde. Im größten Gedränge

Macht noch die schlichteste Botschaft den Passanten als Reißer an,

Wie auf dem nassen Filmplakat der verschwommene Titel ›Theo-di-zee‹.

 

(VOM HIER UND JETZT)

Was, wenn der Blick immer früher zurückkehrt, das brave Tier,

Dem nichts Menschliches fremd ist? Alles Neue macht es nur müde.

Überschaubar geworden, illustriert, fällt es leicht durch den Schlitz

Der entzündeten Lider: dies protzige Jetzt, dies verstiegene Hier.

Was immer piano beginnt, wie auf Mäusepfötchen und als Etüde,

Dröhnt aus sämtlichen Boxen zuletzt. Im Fortissimo schwitzt

Die versammelte Meute, laut kreischend ›
Pan ist tot! Pan ist tot!
‹.

Nicht mal im Unbewußten steht Zeit so still, daß man unbeschwert

Atmend verweilen könnte. Im Nu sind die Augenblicke verpatzt,

Da der Ton noch schwebt, das Gesicht. Wiederholung droht

Jeder primären Regung. Mit einem Bleistift zur Schädelnaht quer

Kritzelt steif eine Hand den erlernten Namen. Gott, wie das kratzt.

ASHES FOR BREAKFAST

THIRTEEN FANTASIES

And then comes the fun part of dying. Braced

For the deal-making, contract-breaking day,

You wheel sharply away from the mirror.

                                                                               Your lived-in face,

Closely shaved, that mocks the grizzling inside of you,

Is at the service of the CEO who's leading the negotiations.

Somewhere behind your collarbone, or the glitter of your spectacles

—Hasn't his ghostly pallor even, on occasion, moved you?

You know each other, don't you. Without a drink, of course,

You're careful not to get too close (and even with,

You try to avoid it). Because face-to-face with the scribbles on the walls,

Attending to the dribble of yellow into china,

You are once again the Other, the one whose mind,

At the moment of voiding, is enviably stocked with the Classics.

“All things flow.” “Stop digging around in the intestines.”

“Live guardedly.” “Know thyself.”

And, less Classical, remember to flush afterward.

 

(ON DOPPELGÄNGERS)

But then the time comes when we must turn our back on ourselves.

The door closes off our memories of the monkey cage, the nameplate blots out

Darwin's coup in interpreting the thumb, the chest rug under the shirt.

And what else are shoes and house corners for, if not to shake him off,

That guardian of our family tree, lending his mimed accompaniment to our leap

From
“Oy”
to “Citizen.”

                                          He is distracted from bludgeoning us to death

By Yale locks, wallets, buttons, telephone keyboards,

Anything that's to hand for you to fiddle with round the clock.

Because the fingers, doubled, tie themselves in knots. Restlessness, the ruin of our species,

Has adapted louse-hunting into a thousand delicate negotiations per diem.

Between snack bar and coitus, how often, miles from the Olduvai Gorge,

The hairy geezer puts in an appearance, hobbling along on the backs of his hands,

Failing abjectly as he reaches for the stars, because of a crooked ladder or a jammed elevator.

(So much for
The Origin of Species
or
Civilization and Its Discontents.
)

 

(DIS MANIBUS)

The place is tidied away, abandoned by its bright sparks and ill spirits,

The café tables, reading nooks, and gleaming bars.

Now they are all alone, the infected ones, with their masters,

Ignorant of the visiting hours in libraries.

And just as flies in double glazing (neither in nor out)

Chafe their furry legs, flagging in the near vacuum,

They are overtaken by their itch. They scratch themselves in those dismal intervals

When the books close ranks and it transpires they don't speak.

 

(OF THE ONE IN THE CROWD)

You, with your knife-edged trouser-creases, were soon spotted,

But it seemed to make no odds to you, and you went whistling on.

Feel the price tag at the back of your neck? Annoying, isn't it?

On your tongue the taste of tap water and canned food.

You live as One. Used to the system of decimals,

Only relying on things that stack up. Never mind Laocoön in his toils—

You are the vertical line moving ahead through narrow streets,

The misplaced comma of an over-eager typesetter,

To whom the city falls into printed matter, columns, and tables.

And the twice twelve hours, the rota of electric light,

Is promise enough. Openmouthed, you learn to esteem

What the many zero faces never grasp.

 

(
OF INNER UNREST
)

And what about you? Ever think of calling the whole thing off?

The brain, no sooner alone, already neglected, entertains every thought

So long as it's big enough, and cuts to the chase.

Sooner than crack peanuts, or minutes, it would take on

The rest of the body, the sorry remainder. With brutal curiosity,

It likes to batter the trembling flanks. A reporter,

Coolly studying destruction, as if it were its own handicraft,

Not someone else's. Anything to deny that.

                                                                            It acclaims the violence

That goes out from things and words. Injuries and scratch marks

Console it, reconcile it to its obscurity and obsolescence.

So the ashtray, resting on the table, quickly becomes a welcome

Support on slippery days. Inner unrest as protection against clocks.

 

(ON CURRENCY)

One thing never left lying around is money. Whenever you see anything

Round and glinting on the pavement, heads or tails, you stoop to conquer.

Because every coin seems out of place, where normally people spit

Or tread. Doesn't the dog's nose sniff every penny on the floor?

And don't you cannily set your foot on the find, and whistle innocence?

Why are these triumphs penny-wise, and never silver talers or gold ducats,

And often enough you come up with a trouser button, and blushing drop your treasure

While someone jeers! Money draws your eye, magically,

Turns your arm to a mechanical claw that grasps what it holds.

In all that greed, deep in the junk, is self-help.

No slim, coiffed goddess, but a feisty Chancellor between your fingers.

Would you rather an emperor, or a torero? Do yen and Krugerrands

Flatter the skin like cowrie shells? Isn't all money the property

In any case of the bank? Oh, to be a child again, grubbing in real feces.

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