Faust (57 page)

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Authors: Johann Wolfgang Von Goethe

BOOK: Faust
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FAUST.

 
Fürwahr, es sind die Augen einer Toten,
 
Die eine liebende Hand nicht schloß.
 
Das ist die Brust, die Gretchen mir geboten,
 
Das ist der süße Leib, den ich genoß.

MEPHISTOPHELES.

 
Das ist die Zauberei, du leicht verführter Tor!
4200
Denn jedem kommt sie wie sein Liebchen vor.

FAUST.

 
Welch eine Wonne! welch ein Leiden!
 
Ich kann von diesem Blick nicht scheiden.
 
Wie sonderbar muß diesen schönen Hals
 
Ein einzig rotes Schnürchen schmücken,
 
Nicht breiter als ein Messerrücken!

MEPHISTOPHELES.

 
Ganz recht! ich seh’ es ebenfalls.
 
Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen;
 
Denn Perseus hat’s ihr abgeschlagen.—
 
Nur immer diese Lust zum Wahn!
4210
Komm doch das Hügelchen heran,
 
Hier ist’s so lustig wie im Prater;
 
Und hat man mir’s nicht angetan,
 
So seh’ ich wahrlich ein Theater.
 
Was gibt’s denn da?

SERVIBILIS.

 
                                   Gleich fängt man wieder an.
 
Ein neues Stück, das letzte Stück von sieben;
 
So viel zu geben, ist allhier der Brauch.
 
Ein Dilettant hat es geschrieben,
 
Und Dilettanten spielen’s auch.
 
Verzeiht, ihr Herrn, wenn ich verschwinde;
4220
Mich dilettiert’s, den Vorhang aufzuziehn.

MEPHISTOPHELES.

 
Wenn ich euch auf dem Blocksberg finde,
 
Das find’ ich gut; denn da gehört ihr hin.
WALPURGISNACHTSTRAUM
oder
OBERONS UND TITANIAS GOLDNE HOCHZEIT

Intermezzo

THEATERMEISTER.

 
              Heute ruhen wir einmal,
 
              
Miedings wackre Söhne.
 
              Alter Berg und feuchtes Tal,
 
              Das ist die ganze Szene!

HEROLD.

 
              Daß die Hochzeit golden sei,
 
              Solln funfzig Jahr sein vorüber;
 
              Aber ist der Streit vorbei,
4230
              Das Golden ist mir lieber.

OBERON.

 
              Seid ihr Geister, wo ich bin,
 
              So zeigt’s in diesen Stunden;
 
              König und die Königin,
 
              Sie sind aufs neu verbunden.

PUCK.

 
              Kommt der Puck und dreht sich quer
 
              Und schleift den Fuß im Reihen,
 
              Hundert kommen hinterher,
 
              Sich auch mit ihm zu freuen.

ARIEL.

 
              Ariel bewegt den Sang
4240
              In himmlisch reinen Tönen;
 
              Viele Fratzen lockt sein Klang,
 
              Doch lockt er auch die Schönen.

OBERON.

 
              Gatten, die sich vertragen wollen,
 
              Lernen’s von uns beiden!
 
              Wenn sich zweie lieben sollen,
 
              Braucht man sie nur zu scheiden.

TITANIA.

 
              Schmollt der Mann und grillt die Frau,
 
              So faßt sie nur behende,
 
              Führt mir nach dem Mittag Sie,
4250
              Und Ihn an Nordens Ende.

ORCHESTER TUTTI
(
Fortissimo
)
.

 
              Fliegenschnauz’ und Mückennas’
 
              Mit ihren Anverwandten,
 
              Frosch im Laub und Grill’ im Gras,
 
              Das sind die Musikanten!

SOLO.

 
              Seht, da kommt der Dudelsack!
 
              Es ist die Seifenblase.
 
              Hört den Schneckeschnickeschnack
 
              Durch seine stumpfe Nase.

GEIST
(
der sich erst bildet
)
.

 
              Spinnenfuß und Krötenbauch
4260
              Und Flügelchen dem Wichtchen!
 
              Zwar ein Tierchen gibt es nicht,
 
              Doch gibt es ein Gedichtchen.

EIN PÄRCHEN.

 
              Kleiner Schritt und hoher Sprung
 
              Durch Honigtau und Düfte;
 
              Zwar du trippelst mir genung,
 
              Doch geht’s nicht in die Lüfte.

NEUGIERIGER REISENDER.

 
              Ist das nicht Maskeraden-Spott?
 
              Soll ich den Augen trauen,
 
              
Oberon den schönen Gott
4270
              Auch heute hier zu schauen!

ORTHODOX.

 
              Keine Klauen, keinen Schwanz!
 
              Doch bleibt es außer Zweifel:
 
              So wie die Götter Griechenlands,
 
              So ist auch er ein Teufel.

NORDISCHER KÜNSTLER.

 
              Was ich ergreife, das ist heut
 
              Fürwahr nur skizzenweise;
 
              Doch ich bereite mich bei Zeit
 
              Zur italien’schen Reise.

PURIST.

 
              Ach! mein Unglück führt mich her:
4280
              Wie wird nicht hier geludert!
 
              Und von dem ganzen Hexenheer
 
              Sind zweie nur gepudert.

JUNGE HEXE.

 
              Der Puder ist so wie der Rock
 
              Für alt’ und graue Weibchen;
 
              Drum sitz’ ich nackt auf meinem Bock
 
              Und zeig’ ein derbes Leibchen.

MATRONE.

 
              Wir haben zu viel Lebensart,
 
              Um hier mit euch zu maulen;
 
              Doch, hoff’ ich, sollt ihr jung und zart,
4290
              So wie ihr seid, verfaulen.

KAPELLMEISTER.

 
              Fliegenschnauz’ und Mückennas’,
 
              
Umschwärmt mir nicht die Nackte!
 
              Frosch im Laub und Grill’ im Gras,
 
              So bleibt doch auch im Takte!

WINDFAHNE
(
nach der einen Seite
)
.

 
              Gesellschaft wie man wünschen kann.
 
              Wahrhaftig lauter Bräute!
 
              Und Junggesellen, Mann für Mann,
 
              Die hoffnungsvollsten Leute.

WINDFAHNE
(
nach der andern Seite
)
.

 
              Und tut sich nicht der Boden auf,
4300
              Sie alle zu verschlingen,
 
              So will ich mit behendem Lauf
 
              Gleich in die Hölle springen.

XENIEN.

 
              Als Insekten sind wir da,
 
              Mit kleinen scharfen Scheren,
 
              Satan, unsern Herrn Papa,
 
              Nach Würden zu verehren.

HENNINGS.

 
              Seht, wie sie in gedrängter Schar
 
              Naiv zusammen scherzen!
 
              Am Ende sagen sie noch gar,
4310
              Sie hätten gute Herzen.

MUSAGET.

 
              Ich mag in diesem Hexenheer
 
              Mich gar zu gern verlieren;
 
              Denn freilich diese wüßt’ ich eh’r
 
              Als Musen anzuführen.

CI-DEVANT GENIUS DER ZEIT.

 
              Mit rechten Leuten wird man was.
 
              Komm, fasse meinen Zipfel!
 
              Der Blocksberg, wie der deutsche Parnaß,
 
              Hat gar einen breiten Gipfel.

NEUGIERIGER REISENDER.

 
              Sagt, wie heißt der steife Mann?
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              Er geht mit stolzen Schritten.
 
              Er schnopert, was er schnopern kann.
 
              „Er spürt nach Jesuiten.”

KRANICH.

 
              In dem Klaren mag ich gern
 
              Und auch im Trüben fischen;
 
              Darum seht ihr den frommen Herrn
 
              Sich auch mit Teufeln mischen.

WELTKIND.

 
              Ja für die Frommen, glaubet mir,
 
              Ist alles ein Vehikel;
 
              Sie bilden auf dem Blocksberg hier
4330
              Gar manches Konventikel.

TÄNZER.

 
              Da kommt ja wohl ein neues Chor?
 
              Ich höre ferne Trommeln.
 
              Nur ungestört! es sind im Rohr
 
              Die unisonen Dommeln.

TANZMEISTER.

 
              Wie jeder doch die Beine lupft!
 
              Sich, wie er kann, herauszieht!
 
              
Der Krumme springt, der Plumpe hupft
 
              Und fragt nicht, wie es aussieht.

FIDELER.

 
              Das haßt sich schwer, das Lumpenpack,
4340
              Und gäb’ sich gern das Restchen;
 
              Es eint sie hier der Dudelsack,
 
              Wie Orpheus’ Leier die Bestjen.

DOGMATIKER.

 
              Ich lasse mich nicht irre schrein,
 
              Nicht durch Kritik noch Zweifel.
 
              Der Teufel muß doch etwas sein;
 
              Wie gäb’s denn sonst auch Teufel?

IDEALIST.

 
              Die Phantasie in meinem Sinn
 
              Ist diesmal gar zu herrisch.
 
              Fürwahr, wenn ich das alles bin,
4350
              So bin ich heute närrisch.

REALIST.

 
              Das Wesen ist mir recht zur Qual
 
              Und muß mich baß verdrießen;
 
              Ich stehe hier zum ersten Mal
 
              Nicht fest auf meinen Füßen.

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