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Authors: Katharine Kerr

Polar City Blues (7 page)

BOOK: Polar City Blues
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»Drei Paare, nicht wahr? Ich könnte wetten, daß sie AN und AUS bedeuten.«

»Das ist keine schlechte Idee, Programmiererin. Es sind ja | auch einfache Symbole.«

»Genau. So einfach, daß jedes Kind damit umgehen könnte. Ein Wesen mit einer Greifklaue als Hand jedenfalls ! würde das Gerät bedienen können, wenn man diese Felder berühren muß. Aber vielleicht ist es nichts weiter als ein
\
Name: >Dr. Summ-Summ's Chitinpolitur, Patent angemeldete« Sie legt das Kästchen in die oberste Schreibtischschublade. »Bitte sichere diese Schublade, Buddy.«

»Befehl ausgeführt. Kraftfeld eingeschaltet. Meinst du, daß dieses Kästchen wertvoll ist?«

»Ich weiß es nicht. Aber lieber sichergehen als nachher Haare raufen.«

Heißes Wasser und echte Seife - ein so überwältigender Luxus muß doch seinen Kater mit einem Streich hinwegwischen. Sein Bewußtsein erscheint ihm wie eine Landschaft; es hat eine Ausdehnung, und seine Gedanken und Vorstellungen haben einen festen Platz darin - nur, daß alles ein wenig weitläufiger als in irgendeiner gewöhnlichen Landschaft ist. Ein Problem zu lösen - ein ganz gewöhnliches oder eines, wofür er sein Psi-Talent einsetzen muß -, das bedeutet für Mulligan, daß er die richtige Stelle in der Landschaft seines Bewußtseins aufsucht, wo er die nötigen Hilfsmittel vorfinden wird. Wenn er das Vorleben eines anderen Menschen
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soll, stellt er sich vor, daß er einen langen, dunklen Korridor hinuntergeht, bis er vor einer Tür mit der Aufschrift >Archiv< angekommen ist. Dort drinnen sind Millionen von Datenboxen, doch findet er leicht die richtige Box, wenn er nur an die Person denkt, die er durchleuchten soll. Also braucht er sich nur an ein Sichtgerät zu setzen und diese Box einzulegen - aber was er auf dem Bildschirm sieht, sind nicht Wörter; denn nun kommt der nicht erlern-bare Teil seines Talents zum Tragen: Eine Flut von Bildern strömt wie in einem Traum auf ihn ein, und das Leben eines anderen Menschen läuft vor seinen Augen ab.

Hat er sich durch reichlich Alkohol einen Kater eingehandelt, dann erscheint ihm auch dieser Schmerz so konkret wie ein materieller Gegenstand, etwa ein großer, gefährlicher Glassplitter in seinem Körper

- und wenn es ihm gelingt, sein Unwohlsein zu überwinden, dann ist ihm, als würde er den Splitter herausziehen. (Leider funktioniert es nicht immer; sein Talent ist manchmal stärker, manchmal schwächer und verweigert sich manchmal auch ganz und gar.) An diesem Morgen empfand er seinen Kater als einen Berg Müll, der sich um ihn angehäuft hatte, und das Wasser unter der Dusche spülte all den Unrat beiseite. Erleichtert und guter Dinge pfeift er vor sich hin, während er sich Laceys Bürste nimmt und sein wirres Haar zu glätten versucht; die natürliche Farbe ist fahles Blond, wie verdorrtes Gras. Ohne die farbigen Kontaktlinsen sind seine Augen grau. Die Barthaare hat er sich vor langer Zeit schon dauerhaft entfernen lassen, wie es die meisten Weißen machen. Etwas zögernd zieht er seine schmutzigen Shorts wieder an; er hat nie das Geld, sich Unterwäsche zu kaufen. Dann macht er sich in Laceys Schlafzimmer auf die Suche nach dem frischen Hemd. Ein karg eingerichtetes Schlafzimmer: ein schmales Bett, darüber eine graue Decke, so sauber geglättet und untergeschlagen, daß man eine Münze darüber rollen könnte; eine ebenfalls graue Kommode und ein Schrank, dessen Tür niemals unordentlich offensteht. Der einzige Schmuck an der Wand ist der Säbel von Laceys Galauniform, der an einem Nagel aufgehängt ist. Mulligan findet sein Hemd, glatt und weiß mit einigen Schlitzen am Rücken, an einem Haken an der Innenseite der Schranktür. Er zieht es an und bleibt einen Augenblick stehen, Laceys Kleider haben es ihm angetan. Zärtlich streicht er über ihre Blusen, er beneidet sie, weil sie ihrer Haut so nahe sind. Mit einem Seufzer wendet er sich ab, ohne sich um die offene

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Schranktür und sein schmutziges Hemd auf dem Fußboden zu kümmern.

Als er durch den Flur geht, hört er Stimmen aus Laceys Büro - Lacey und Buddy, aber da ist noch eine Frauenstimme: Carol. Auf der Stelle bleibt er stehen und überlegt, ob er sich im Bad verstecken soll, bis sie gegangen ist. Aber sie ist doch Laceys beste Freundin - sie haben zusammen in der Flotte gedient -, also würde es vielleicht Stunden dauern, und das Bad war ziemlich eng. Er reißt sich zusammen und betritt das Zimmer so selbstverständlich, als wäre er hier zu Hause. Carol trägt noch den hellblauen Hosenanzug der Mediziner, sie muß direkt von der Arbeit kommen; und so, wie sie sich auf der Couch räkelt, ist sie auch ziemlich müde. Sie ist groß und kräftig; sie könnte durchaus mit widerspenstigen Patienten fertig werden, wenn es sein müßte. Das schwarze Haar fällt bis über ihre Schultern, eine Kaskade von Rastafari-Zöpfchen und Locken umrahmt ihr dunkelbraunes Gesicht. Sie wirft Mulligan einen kritischen, leicht angewiderten Blick zu, als würde sie notgedrungen eine eben entdeckte Art von Darmparasiten betrachten.

»Du hier? Dann muß es bald Essen geben!«

Mulligan bringt ein müdes Lächeln zustande und hockt sich auf den Fußboden, in die Ecke neben Laceys Computertisch. Dann geht ihm auf, daß es ein Hund nicht anders machen würde, aber es ist zu spät, Carol hat es längst bemerkt.

»Ach Lacey ... wenn du wirklich einen Hund brauchst, dann schenke ich dir einen zum Geburtstag.«

»Ach, laß ihn in Ruhe!« Aber Lacey muß doch lächeln, als sie sich jetzt ihm zuwendet. »Was macht dein Kater?«

»Vorbei«, sagt er mürrisch. Er mag es nicht, daß man vor Carols neugierigen Ohren über seinen Alkoholkonsum redet. »War kaum der Rede wert. Ich werde nachher ein paar Kilometer laufen, dann ist es vergessen.«

»Sehr gut. Dann kannst du nach dem Essen mit uns zum Rattennest kommen.«

»Wie bitte? Bist du von allen guten Geistern verlassen?« »Von wegen! Habe ich ganz vergessen: Du hast ja von

Little Joes Besuch nichts mitbekommen. Hör dir mal das an, das ist vielleicht eine Geschichte ...«

Die Nacht geht langsam zu Ende, die Morgendämmerung ist nicht mehr weit, und Sally betritt die sündhaft teure Bar nicht weit vom Rathaus. Hier trifft sie ihre Kunden, es ist ihr Stammplatz. Wenn der Morgen kommt, dann geht auch die Bürozeit zu Ende, und die Verwaltungsmenschen und Geschäftsleute trudeln ein. Ganz hinten in der Bar sitzt Sally auf einem Hocker, sie trägt ihr apartes graues Minikleid aus Seide und schwarze Stiefel, die bis an die Oberschenkel reichen, und nippt an ihrem Mineralwasser. Sie sieht zu, wie Ibrahim Drinks serviert; diese Sorte Mensch hier, Männer und Frauen, wäre beleidigt, wenn ein Robotkellner sie bedienen würde. Ihre Stammkunden wissen, daß sie sie hier finden können, wenn sie ihre speziellen Dienste in Anspruch nehmen wollen. In dem riesigen Spiegel hinter der Bar kann sie zwischen den Flaschen ihr Spiegelbild sehen, und sie wendet den Kopf hin und her, um ihre neue Frisur betrachten zu können: das naturblonde Haar aufgetürmt und mit einem Hauch von Blau getönt. Anders als viele Biancas in ihrem Gewerbe hat Sally nie versucht, ihre Haut stark zu bräunen und die Haare schwarz zu färben; sie hat herausgefunden, und daß weiße Haut einen gewissen exotischen Reiz haben konnte, für bestimmte Männer jedenfalls.

Es ist ein recht gewöhnliches Publikum in der Bar, und es ist auch recht gewöhnlich gekleidet: graue oder dunkelblaue knielange Shorts, glatt oder in Falten, dazu makellos weiße oder hellblaue Hemden mit Knopfleiste. Hier und da sieht man sogar noch einen eigensinnigen älteren Mann, der trotz der Sommerhitze eine Weste oder eine Fliege am Hemd trägt. Der gutaussehende, muskulöse Blanco in dem rot-60

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braunen Overall, der jetzt durch die gläserne Drehtür^ kommt, paßt überhaupt nicht hierher. Er stört, das ist Sallys erster Eindruck. Ein wenig besorgt beobachtet sie, wie Ibra-1 him ihn herüberwinkt, um ihm etwas zu sagen. Der Fremde sieht aus wie ein Raumfahrer, und betrunkene Raumfahrer waren bekannt dafür, daß sie die elegantesten Bars in Stücke schlagen konnten, wenn man ihnen die gute Laune verdarb. Doch nach ein paar Worten wirkt Ibrahim sichtlich entspannter, er lächelt sogar, und der Weltraumcowboy bestellt ein Glas Wasser und verdrückt sich in eine ruhige Ecke. Anscheinend ist er noch nüchtern genug, um die Spielregeln zu verstehen.

Sally versteht nicht, warum er sie so beschäftigt vielleicht ist es der muskulöse Körper, der sich unter dem Overall abzeichnet. Irgendwie kommt er ihr auch bekannt vor, wie jemand, den man vor langer Zeit einmal kannte. Er schaut sich um in der Bar, öfter bleibt sein Blick an einer jungen Frau hängen bis er Sally bemerkt. Und nun wendet er den Blick nicht mehr ab, starrt sie an, den Kopf merkwürdig zur Seite geneigt. Und dann spricht Ibrahim kurz mit ihm und eilt zu ihr herüber.

»He, ich hab' was für dich.«

»Der Skipper? Willst du mich auf den Arm nehmen!«

»Nee. Er kommt gerade vom Asteroidengürtel und hat jede Menge Geduld. Hat bestimmt seinen Lohn für das letzte halbe Jahr auf einmal gekriegt, mach' ich jede Wette. Jedenfalls ist es so üblich.«

»Na gut. Mal etwas Abwechslung. Und die Figur ist nicht übel.«

Ibrahim ist gekränkt, sie tätschelt ihm die Hand. . »Nimm's nicht persönlich, Kleiner. Du hast dafür anderes zubieten.«

Sie nimmt ihre Handtasche und geht, mit gesenktem Blick und einem spröden Lächeln zu dem Mann hinüber. Er läßt sie die ganze Zeit nicht aus den Augen.

Der Polizeihypnotiseur ist eine Frau mit Namen Linda Jefferson, eine Bianca in den besten Jahren, etwas mollig um die Hüften und mit durchdringend rot gefärbtem Haar, das sie zu einem riesigen Knoten aufgetürmt hat, der durch Haarspray zusammengehalten wird. Nun gut, wenn sie damit die Aufmerksamkeit ihrer Opfer auf sich lenken konnte, denkt Chief Bates. In ihrem dämmrigen Büro sitzt sie auf einem harten Stuhl mit gerader Lehne Corporal Ward gegenüber, der es sich auf einem Sofa gemütlich gemacht hat. Leise Musik rieselt aus den Lautsprechern, synthetische Streicherklänge, schwebend und verschwommen, und überlagert jedes Geräusch, das von draußen hereindringen könnte. Bates schaltet den 3-D-Recorder an und nimmt sich einen Stuhl, von dem aus er beide im Auge behalten kann, als Linda einen tropfenförmigen Kristall an einer Goldkette aus der Brusttasche ihres Uniformhemds zieht.

»Okay, Chief, sehen Sie bloß nicht nach dem Kristall, sonst werden Sie auch noch in Trance geraten.

Ward, haben Sie die Erklärung unterschrieben?«

»Sicher. Aber es ist doch nur, um mein Gedächtnis aufzufrischen.« Er wendet sich zu Bates. »Ich weiß, daß ich die Frau auf der Plaza gesehen habe ... aber ich kann mich einfach nicht erinnern, wie sie ausgesehen hat.«

»Deshalb sind wir ja hier.« Linda spricht ganz ruhig, wie die Lieblingstante, die verspricht, in einer schwierigen Sache einmal mit den Eltern zu reden. »Sie müssen jetzt einfach entspannen, Corporal.

Lehnen Sie sich zurück und schauen Sie auf den Kristall hier.«

Nach einigen Minuten ist Ward in tiefer Trance. Wenn man von dem schlaffen Mund und seinem etwas stumpfen Blick absieht, könnte man meinen, daß er völlig wach ist. Und Linda Jefferson führt ihn, Schritt für Schritt, ganz langsam zurück bis zu jenem Augenblick, als er an der Mauer der Bibliothek lehnte und das Klappern der hochhackigen Stiefel auf der Plaza hörte.

»Es ist noch angenehm kühl, sehr angenehm«, sagt er

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brav, fast ängstlich, »bisher ist nichts passiert. Ach, die Lampen gehen an. Ja, da kommt sie, und sie hat es wirklich eilig.«

»Wie sieht sie aus, Corporal? Können Sie sie sehen?«

»Sicher, ja ... sie ist groß und schlank, aber recht muskulös für eine Frau. Sie trägt Jeans und eine graue Bluse nein, es kann auch lavendel sein, ich habe nicht an die Bogenlampen gedacht. Sie trägt außerdem Stiefel mit den hohen Absätzen. Warten Sie - ich glaube, ich kenne sie. Es ist Sally Pharis, ich habe sie einmal festgenommen. Es kam aber nie zu einer Verhandlung, weil ...«

»Das ist jetzt nicht wichtig, Amigo.« Linda Jefferson spricht noch ruhiger, weicher als zuvor, eine Stimme, fast schon klebrig vor Süße. »Sind Sie sicher, daß es Sally ist? Dieses Licht kann doch sehr täuschen, nicht wahr? Sie müssen sich wirklich sicher sein, ganz sicher.«

Ward runzelt die Stirn, gehorsam konzentriert er sich.

»Nun, ich könnte es nicht beschwören. Aber sie sieht verdammt wie Sally aus.«

»Das reicht für den Augenblick«, unterbricht Bates. »Wir werden sie uns vornehmen und ein wenig mit ihr reden. Wecken Sie ihn wieder auf, ja? In ein paar Stunden muß er seine Sergeantenprüfung machen.«

Während sich Ward auf den Weg zur Cafeteria macht, um etwas zu essen und ein letztes Mal die Prüfungsfragen durchzugehen, bringt Bates das Magnetband der Hypnosesitzung hinüber zu Data, der es in den Computer überspielen soll. Der Verwaltungsmensch ist ganz aufgeregt, es gibt Neuigkeiten: Die Männer, die die Umgebung des Tatorts durchkämmt haben, haben zehn Straßen weiter einen Stiefel gefunden: einen einzelnen braunen Stiefel, der eines Mannes oder auch eines männlichen Lizzies - mit einem Spritzer Carli-Blut an der Spitze.

»Ist er schon im Labor?«

»Nein, Chief. Sie haben ihn eben erst gebracht.«

»Geben Sie mir sofort das Ergebnis auf meinen Bildschirm, wenn es so weit ist.«

»Ja, Sir. Kein Problem.«

Bates kehrt in sein Büro zurück, ein stickiges Kämmerchen im zweiten Stock, das gerade Platz für drei Stühle, einen Computertisch und einige Regale bietet, die vollgestopft sind mit Datenboxen, Aktenordnern und Hologrammen abgelegter Fälle. Als Privileg seines hohen Rangs findet man in einer Ecke noch einen Kühlbehälter mit Wasser. Bates gießt sich ein großes Glas von dem importierten Quellwasser ein und setzt sich an den Tisch. Er lehnt sich zurück und läßt den Blick durch die hohen Fenster schweifen, hinaus auf die Plaza, die rechts und links durch blaßgrüne Hochhäuser begrenzt wird. Sie ist hellerleuchtet, es wimmelt von Leben unter dem pulsierenden, knatternden Nordlicht am Himmel. Er befürchtet, daß dieser Arbeitstag noch lange dauern wird, aber es wäre nichts Neues, wenn er bis Mittag arbeitet und erst in der schlimmsten Nachmittagshitze eine Siesta hält. Dann wird er eine Stunde nach Sonnenuntergang wieder an seinem Schreibtisch sitzen.

Seit seine Frau ihn vor acht Monaten verlassen hat, gibt es eigentlich keinen Grund, nach Hause zu gehen. Einige Minuten sitzt er da und fragt sich, was ihn wohl dazu getrieben haben konnte, sie auf diesen Hinterwäldlerplaneten zu bringen, auf dem es an allem fehlte. Keine Spur von jenem Komfort, den seine Frau gewohnt war. Hat er jemals im Ernst sich gefragt, wie das funktionieren konnte? Nach zwanzig Jahren hätte er wissen müssen, daß, wenn ihr etwas fehlte, es
eine
Eigenschaft mit Sicherheit war: Pioniergeist. Mit einem Kopf schütteln verscheucht er seinen Kummer und wendet sich einem anderen Problem zu: Sally Pharis.

Obwohl er so sicher ist, wie man ohne konkreten Beweis nur sein kann, daß sie so nebenbei mit Haschisch aus Sarah handelt und außerdem eines der teuersten Callgirls ist, kann er unmöglich glauben, daß sie etwas mit dem Mord an

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Imbeth ka Gren zu tun hat. Er hat sie immer bewundert, wie klug sie sich aus allem heraushielt, was zu Gewalt führen konnte. Ganz zweifellos war sie wegen einer anderen Sache auf der Plaza. Nur war es höchstwahrscheinlich kein legales Geschäft, so daß sie vermutlich abstreiten würde, überhaupt dort gewesen zu sein, obwohl sie vielleicht etwas gesehen oder gehört hat, das für die Aufklärung des Mordes wichtig war.

Bates greift nach dem Intercom und gibt Anweisung, Sally Pharis herzubringen, dann fragt er bei der Gleiterstaffel nach, ob man bei der Luftattacke über dem Rattennest etwa den Koch von der Botschaft gefunden hat. Als der Mann von der Gleiterstaffel auf dem Bildschirm erscheint, weicht er seinem Blick aus.

»Also gut«, knurrt Bates, »wie habt ihr es dieses Mal versaut?«

»Nun, Chief ... wir haben den Carli.«

»Das war die gute Nachricht, schön. Und jetzt die schlechte!«

»Er ist tot.«

»Scheiße. Wieso?«

»Nun, die Maschinen haben ihn entdeckt, als er vom Rattennest aufstieg, und folgten ihm. Sie haben ihn aufgefordert, anzuhalten, mit Lichtsignalen und über Lautsprecher, aber er hat Vollgas gegeben.

Deshalb ...«

»Warte. Haben sie ihn auf Carli oder Merrkan angerufen?«

»Carli natürlich. Verdammt, die richtigen Bänder gehören zur Standardausrüstung. Sie haben ihn auf jeden Fall gejagt, und ich fürchte, er konnte nicht richtig umgehen mit dem Ding. Der Gleiter streifte einen Geröllhaufen und kippte über den Rand des Rehydrierungskraters.«

»Mist. War er schon tot, als die Leute bei der Maschine eintrafen?«

»Hatte das Genick gebrochen, ja.«

Obwohl ein Genickbruch eine logische Folge eines Absturzes über dreihundert Meter sein konnte, ist Bates äußerst beunruhigt. Auch der andere Carli hatte Probleme mit seinem Hals.

»Ist er im Leichenschauhaus?«

»Ja, Chief.« Der Mann sah auf seine Uhr. »Er müßte inzwischen dort sein.«

»Werde es mir mal anschauen. Und Sie erzählen Ihren fliegenden Teufelskerlen, daß ich einen vollständigen formellen Bericht wünsche über diesen Unfall! Ich möchte wissen, ob hier jemand Mist gemacht hat. Haben Sie verstanden?«

»Ja, Sir!«

Mit einem bösen Knurren schaltet Bates das Intercom aus. Er freut sich nicht gerade, Ka Pral mitteilen zu müssen, daß ein weiterer Botschaftsangehöriger tot ist besonders, weil er weiß, daß eine Stelle anzunehmen bei den Carlis fast so viel bedeutet, wie in die Familie des Arbeitgebers aufgenommen zu werden. Obwohl Ka Pral einer hohen Kaste angehörte, Gri Bronno hingegen einer niedrigen, betrachten sie sich in gewissem Sinne als die Söhne des Botschafters und damit als Brüder. Bates beschließt, diese unangenehme Pflicht aufzuschieben, bis er den vollständigen Bericht des Gerichtsmediziners vorliegen hat. Vielleicht ist es Intuition, vielleicht Erfahrung: Etwas scheint äußerst faul zu sein am Unfalltod von Gri Bronno.

Carols hellroter Transporter ist fast schon eine fahrbare Klinik: vollgestopft mit Geräten, den wichtigsten Medikamenten und Materialien, dazu noch Datenboxen für jene, die man über die einfachsten Dinge aufklären mußte. Dann ein großer Kühlbehälter mit sterilisiertem Wasser, sogar einen kleinen Brutkasten gibt es, für den Fall, daß man bei einer Frühgeburt helfen muß oder beim Ausbrüten eines kranken Lizzie-Kindes. Obwohl nirgendwo mehr Platz ist, schafft es Lacey, Mulligan und ein Paar Sonnenschutzumhänge in den Raum hinter den Sitzen zu quetschen, zwischen den Com-66

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