Faust (43 page)

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Authors: Johann Wolfgang Von Goethe

BOOK: Faust
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Sehr wohl.
 
        (
Er schreibt und gibt’s
.)

SCHÜLER
(
liest
)
.

 
Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum.
 
        (
Macht’s ehrerbietig zu und empfiehlt sich
.)

MEPHISTOPHELES.

 
Folg’ nur dem alten Spruch und meiner Muhme, der Schlange,
2050
Dir wird gewiß einmal bei deiner Gottähnlichkeit bange!
 
        (
FAUST
tritt auf
.)

FAUST.

 
Wohin soll es nun gehn?

MEPHISTOPHELES.

 
                                                  Wohin es dir gefällt.
 
Wir sehn die kleine, dann die große Welt.
 
Mit welcher Freude, welchem Nutzen
 
Wirst du den Cursum durchschmarutzen!

FAUST.

 
Allein bei meinem langen Bart
 
Fehlt mir die leichte Lebensart.
 
Es wird mir der Versuch nicht glücken;
 
Ich wußte nie mich in die Welt zu schicken.
 
Vor andern fühl’ ich mich so klein;
2060
Ich werde stets verlegen sein.

MEPHISTOPHELES.

 
Mein guter Freund, das wird sich alles geben;
 
Sobald du dir vertraust, sobald weißt du zu leben.

FAUST.

 
Wie kommen wir denn aus dem Haus?
 
Wo hast du Pferde, Knecht und Wagen?

MEPHISTOPHELES.

 
Wir breiten nur den Mantel aus,
 
Der soll uns durch die Lüfte tragen.
 
Du nimmst bei diesem kühnen Schritt
 
Nur keinen großen Bündel mit.
 
Ein bißchen Feuerluft, die ich bereiten werde,
2070
Hebt uns behend von dieser Erde.
 
Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
 
Ich gratuliere dir zum neuen Lebenslauf!
AUERBACHS KELLER IN LEIPZIG

Zeche lustiger Gesellen
.

FROSCH.

 
Will keiner trinken? keiner lachen?
 
Ich will euch lehren Gesichter machen!
 
Ihr seid ja heut wie nasses Stroh,
 
Und brennt sonst immer lichterloh.

BRANDER.

 
Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbei,
 
Nicht eine Dummheit, keine Sauerei.

FROSCH
(
gießt ihm ein Glas Wein über den Kopf
)
.

 
Da hast du beides!

BRANDER.

 
                                   Doppelt Schwein!

FROSCH.

2080
Ihr wollt es ja, man soll es sein!

SIEBEL.

 
Zur Tür hinaus, wer sich entzweit!
 
Mit offner Brust singt Runda, sauft und schreit!
 
Auf! Holla! Ho!

ALTMAYER.

 
                                   Weh mir, ich bin verloren!
 
Baumwolle her! der Kerl sprengt mir die Ohren.

SIEBEL.

 
Wenn das Gewölbe widerschallt,
 
Fühlt man erst recht des Basses Grundgewalt.

FROSCH.

 
So recht, hinaus mit dem, der etwas übel nimmt!
 
A! tara lara da!

ALTMAYER.

 
A! tara lara da!

FROSCH.

 
                                   Die Kehlen sind gestimmt.
 
        (
Singt
.)
2090
              Das liebe heil’ge Röm’sche Reich,
 
              Wie hält’s nur noch zusammen?

BRANDER.

 
Ein garstig Lied! Pfui! ein politisch Lied
 
Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen,
 
Daß ihr nicht braucht fürs Röm’sche Reich zu sorgen!
 
Ich halt’ es wenigstens für reichlichen Gewinn,
 
Daß ich nicht Kaiser oder Kanzler bin.
 
Doch muß auch uns ein Oberhaupt nicht fehlen;
 
Wir wollen einen Papst erwählen.
 
Ihr wißt, welch eine Qualität.
2100
Den Ausschlag gibt, den Mann erhöht.

FROSCH
(
singt
)
.

 
Schwing dich auf, Frau Nachtigall,
 
Grüß’ mir mein Liebchen zehentausendmal.

SIEBEL.

 
Dem Liebchen keinen Gruß! ich will davon nichts hören!

FROSCH.

 
Dem Liebchen Gruß und Kuß! du wirst mir’s nicht verwehren!
 
        (
Singt
.)
 
              
Riegel auf! in stiller Nacht.
 
              Riegel auf! der Liebste wacht.
 
              Riegel zu! des Morgens früh.

SIEBEL.

 
Ja, singe, singe nur und lob’ und rühme sie!
 
Ich will zu meiner Zeit schon lachen.
2110
Sie hat mich angeführt, dir wird sie’s auch so machen.
 
Zum Liebsten sei ein Kobold ihr beschert!
 
Der mag mit ihr auf einem Kreuzweg schäkern;
 
Ein alter Bock, wenn er vom Blocksberg kehrt,
 
Mag im Galopp noch gute Nacht ihr meckern!
 
Ein braver Kerl von echtem Fleisch und Blut
 
Ist für die Dirne viel zu gut.
 
Ich will von keinem Gruße wissen,
 
Als ihr die Fenster eingeschmissen!

BRANDER
(
auf den Tisch schlagend
)
.

 
Paßt auf! paßt auf! Gehorchet mir!
2120
Ihr Herrn, gesteht, ich weiß zu leben;
 
Verliebte Leute sitzen hier,
 
Und diesen muß, nach Standsgebühr,
 
Zur guten Nacht ich was zum besten geben.
 
Gebt acht! Ein Lied vom neusten Schnitt!
 
Und singt den Rundreim kräftig mit!
 
        (
Er singt
.)
 
              Es war eine Ratt’ im Kellernest,
 
              Lebte nur von Fett und Butter,
 
              Hatte sich ein Ränzlein angemäst’t,
 
              Als wie der Doktor Luther.
2130
              
Die Köchin hatt’ ihr Gift gestellt;
 
              Da ward’s so eng ihr in der Welt,
 
              Als hätte sie Lieb’ im Leibe.

CHORUS
(
jauchzend
)
.

 
              Als hätte sie Lieb’ im Leibe.

BRANDER.

 
              Sie fuhr herum, sie fuhr heraus,
 
              Und soff aus allen Pfützen,
 
              Zernagt’, zerkratzt’ das ganze Haus,
 
              Wollte nichts ihr Wüten nützen;
 
              Sie tät gar manchen Ängstesprung,
 
              Bald hatte das arme Tier genung,
2140
              Als hätt’ es Lieb’ im Leibe.

CHORUS.

 
              Als hätt’ es Lieb’ im Leibe.

BRANDER.

 
              Sie kam für Angst am hellen Tag
 
              Der Küche zugelaufen,
 
              Fiel an den Herd und zuckt’ und lag,
 
              Und tät erbärmlich schnaufen.
 
              Da lachte die Vergifterin noch:
 
              Ha! sie pfeift auf dem letzten Loch,
 
              Als hätte sie Lieb’ im Leibe.

CHORUS.

 
              Als hätte sie Lieb’ im Leibe.

SIEBEL.

2150
Wie sich die platten Bursche freuen!
 
Es ist mir eine rechte Kunst,
 
Den armen Ratten Gift zu streuen!

BRANDER.

 
Sie stehn wohl sehr in deiner Gunst?

ALTMAYER.

 
Der Schmerbauch mit der kahlen Platte!
 
Das Unglück macht ihn zahm und mild;
 
Er sieht in der geschwollnen Ratte
 
Sein ganz natürlich Ebenbild.
 
        (
FAUST
und
MEPHISTOPHELES
treten auf
.)

MEPHISTOPHELES.

 
Ich muß dich nun vor allen Dingen
 
In lustige Gesellschaft bringen,
2160
Damit du siehst, wie leicht sich’s leben läßt.
 
Dem Volke hier wird jeder Tag ein Fest.
 
Mit wenig Witz und viel Behagen
 
Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz,
 
Wie junge Katzen mit dem Schwanz.
 
Wenn sie nicht über Kopfweh klagen,
 
So lang’ der Wirt nur weiter borgt,
 
Sind sie vergnügt und unbesorgt.

BRANDER.

 
Die kommen eben von der Reise,
 
Man sieht’s an ihrer wunderlichen Weise;
2170
Sie sind nicht eine Stunde hier.

FROSCH.

 
Wahrhaftig, du hast recht! Mein Leipzig lob’ ich mir!
 
Es ist ein klein Paris, und bildet seine Leute.

SIEBEL.

 
Für was siehst du die Fremden an?

FROSCH.

 
Laßt mich nur gehn! Bei einem vollen Glase
 
Zieh’ ich, wie einen Kinderzahn,
 
Den Burschen leicht die Würmer aus der Nase.
 
Sie scheinen mir aus einem edlen Haus,
 
Sie sehen stolz und unzufrieden aus.

BRANDER.

 
Marktschreier sind’s gewiß, ich wette!

ALTMAYER.

 
Vielleicht.

FROSCH.

2180
              Gib acht, ich schraube sie!

MEPHISTOPHELES
(
zu
FAUST
)
.

 
Den Teufel spürt das Völkchen nie,
 
Und wenn er sie beim Kragen hätte.

FAUST.

 
Seid uns gegrüßt, ihr Herrn!

SIEBEL.

 
                                                  Viel Dank zum Gegengruß.
 
        (
Leise
,
MEPHISTOPHELES
von der Seite ansehend
.)
 
Was hinkt der Kerl auf einem Fuß?

MEPHISTOPHELES.

 
Ist es erlaubt, uns auch zu euch zu setzen?
 
Statt eines guten Trunks, den man nicht haben kann,
 
Soll die Gesellschaft uns ergetzen.

ALTMAYER.

 
Ihr scheint ein sehr verwöhnter Mann.

FROSCH.

 
Ihr seid wohl spät von Rippach aufgebrochen?
2190
Habt ihr mit Herren Hans noch erst zu Nacht gespeist?

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