| Sehr wohl.
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| ( Er schreibt und gibt’s .)
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SCHÜLER
(
liest
)
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| Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum.
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| ( Macht’s ehrerbietig zu und empfiehlt sich .)
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MEPHISTOPHELES.
| Folg’ nur dem alten Spruch und meiner Muhme, der Schlange,
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2050
| Dir wird gewiß einmal bei deiner Gottähnlichkeit bange!
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| ( FAUST tritt auf .)
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FAUST.
MEPHISTOPHELES.
| Wohin es dir gefällt.
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| Wir sehn die kleine, dann die große Welt.
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| Mit welcher Freude, welchem Nutzen
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| Wirst du den Cursum durchschmarutzen!
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FAUST.
| Allein bei meinem langen Bart
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| Fehlt mir die leichte Lebensart.
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| Es wird mir der Versuch nicht glücken;
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| Ich wußte nie mich in die Welt zu schicken.
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| Vor andern fühl’ ich mich so klein;
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2060
| Ich werde stets verlegen sein.
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MEPHISTOPHELES.
| Mein guter Freund, das wird sich alles geben;
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| Sobald du dir vertraust, sobald weißt du zu leben.
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FAUST.
| Wie kommen wir denn aus dem Haus?
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| Wo hast du Pferde, Knecht und Wagen?
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MEPHISTOPHELES.
| Wir breiten nur den Mantel aus,
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| Der soll uns durch die Lüfte tragen.
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| Du nimmst bei diesem kühnen Schritt
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| Nur keinen großen Bündel mit.
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| Ein bißchen Feuerluft, die ich bereiten werde,
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2070
| Hebt uns behend von dieser Erde.
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| Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
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| Ich gratuliere dir zum neuen Lebenslauf!
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AUERBACHS KELLER IN LEIPZIG
Zeche lustiger Gesellen
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FROSCH.
| Will keiner trinken? keiner lachen?
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| Ich will euch lehren Gesichter machen!
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| Ihr seid ja heut wie nasses Stroh,
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| Und brennt sonst immer lichterloh.
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BRANDER.
| Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbei,
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| Nicht eine Dummheit, keine Sauerei.
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FROSCH
(
gießt ihm ein Glas Wein über den Kopf
)
.
BRANDER.
FROSCH.
2080
| Ihr wollt es ja, man soll es sein!
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SIEBEL.
| Zur Tür hinaus, wer sich entzweit!
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| Mit offner Brust singt Runda, sauft und schreit!
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| Auf! Holla! Ho!
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ALTMAYER.
| Weh mir, ich bin verloren!
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| Baumwolle her! der Kerl sprengt mir die Ohren.
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SIEBEL.
| Wenn das Gewölbe widerschallt,
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| Fühlt man erst recht des Basses Grundgewalt.
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FROSCH.
| So recht, hinaus mit dem, der etwas übel nimmt!
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| A! tara lara da!
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ALTMAYER.
FROSCH.
| Die Kehlen sind gestimmt.
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| ( Singt .)
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2090
| Das liebe heil’ge Röm’sche Reich,
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| Wie hält’s nur noch zusammen?
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BRANDER.
| Ein garstig Lied! Pfui! ein politisch Lied
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| Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen,
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| Daß ihr nicht braucht fürs Röm’sche Reich zu sorgen!
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| Ich halt’ es wenigstens für reichlichen Gewinn,
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| Daß ich nicht Kaiser oder Kanzler bin.
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| Doch muß auch uns ein Oberhaupt nicht fehlen;
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| Wir wollen einen Papst erwählen.
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| Ihr wißt, welch eine Qualität.
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2100
| Den Ausschlag gibt, den Mann erhöht.
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FROSCH
(
singt
)
.
| Schwing dich auf, Frau Nachtigall,
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| Grüß’ mir mein Liebchen zehentausendmal.
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SIEBEL.
| Dem Liebchen keinen Gruß! ich will davon nichts hören!
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FROSCH.
| Dem Liebchen Gruß und Kuß! du wirst mir’s nicht verwehren!
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| ( Singt .)
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| Riegel auf! in stiller Nacht.
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| Riegel auf! der Liebste wacht.
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| Riegel zu! des Morgens früh.
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SIEBEL.
| Ja, singe, singe nur und lob’ und rühme sie!
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| Ich will zu meiner Zeit schon lachen.
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2110
| Sie hat mich angeführt, dir wird sie’s auch so machen.
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| Zum Liebsten sei ein Kobold ihr beschert!
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| Der mag mit ihr auf einem Kreuzweg schäkern;
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| Ein alter Bock, wenn er vom Blocksberg kehrt,
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| Mag im Galopp noch gute Nacht ihr meckern!
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| Ein braver Kerl von echtem Fleisch und Blut
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| Ist für die Dirne viel zu gut.
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| Ich will von keinem Gruße wissen,
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| Als ihr die Fenster eingeschmissen!
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BRANDER
(
auf den Tisch schlagend
)
.
| Paßt auf! paßt auf! Gehorchet mir!
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2120
| Ihr Herrn, gesteht, ich weiß zu leben;
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| Verliebte Leute sitzen hier,
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| Und diesen muß, nach Standsgebühr,
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| Zur guten Nacht ich was zum besten geben.
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| Gebt acht! Ein Lied vom neusten Schnitt!
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| Und singt den Rundreim kräftig mit!
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| ( Er singt .)
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| Es war eine Ratt’ im Kellernest,
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| Lebte nur von Fett und Butter,
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| Hatte sich ein Ränzlein angemäst’t,
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| Als wie der Doktor Luther.
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2130
| Die Köchin hatt’ ihr Gift gestellt;
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| Da ward’s so eng ihr in der Welt,
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| Als hätte sie Lieb’ im Leibe.
|
CHORUS
(
jauchzend
)
.
| Als hätte sie Lieb’ im Leibe.
|
BRANDER.
| Sie fuhr herum, sie fuhr heraus,
|
| Und soff aus allen Pfützen,
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| Zernagt’, zerkratzt’ das ganze Haus,
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| Wollte nichts ihr Wüten nützen;
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| Sie tät gar manchen Ängstesprung,
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| Bald hatte das arme Tier genung,
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2140
| Als hätt’ es Lieb’ im Leibe.
|
CHORUS.
| Als hätt’ es Lieb’ im Leibe.
|
BRANDER.
| Sie kam für Angst am hellen Tag
|
| Der Küche zugelaufen,
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| Fiel an den Herd und zuckt’ und lag,
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| Und tät erbärmlich schnaufen.
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| Da lachte die Vergifterin noch:
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| Ha! sie pfeift auf dem letzten Loch,
|
| Als hätte sie Lieb’ im Leibe.
|
CHORUS.
| Als hätte sie Lieb’ im Leibe.
|
SIEBEL.
2150
| Wie sich die platten Bursche freuen!
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| Es ist mir eine rechte Kunst,
|
| Den armen Ratten Gift zu streuen!
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BRANDER.
| Sie stehn wohl sehr in deiner Gunst?
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ALTMAYER.
| Der Schmerbauch mit der kahlen Platte!
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| Das Unglück macht ihn zahm und mild;
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| Er sieht in der geschwollnen Ratte
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| Sein ganz natürlich Ebenbild.
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| ( FAUST und MEPHISTOPHELES treten auf .)
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MEPHISTOPHELES.
| Ich muß dich nun vor allen Dingen
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| In lustige Gesellschaft bringen,
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2160
| Damit du siehst, wie leicht sich’s leben läßt.
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| Dem Volke hier wird jeder Tag ein Fest.
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| Mit wenig Witz und viel Behagen
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| Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz,
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| Wie junge Katzen mit dem Schwanz.
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| Wenn sie nicht über Kopfweh klagen,
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| So lang’ der Wirt nur weiter borgt,
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| Sind sie vergnügt und unbesorgt.
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BRANDER.
| Die kommen eben von der Reise,
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| Man sieht’s an ihrer wunderlichen Weise;
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2170
| Sie sind nicht eine Stunde hier.
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FROSCH.
| Wahrhaftig, du hast recht! Mein Leipzig lob’ ich mir!
|
| Es ist ein klein Paris, und bildet seine Leute.
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SIEBEL.
| Für was siehst du die Fremden an?
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FROSCH.
| Laßt mich nur gehn! Bei einem vollen Glase
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| Zieh’ ich, wie einen Kinderzahn,
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| Den Burschen leicht die Würmer aus der Nase.
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| Sie scheinen mir aus einem edlen Haus,
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| Sie sehen stolz und unzufrieden aus.
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BRANDER.
| Marktschreier sind’s gewiß, ich wette!
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ALTMAYER.
FROSCH.
2180
| Gib acht, ich schraube sie!
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MEPHISTOPHELES
(
zu
FAUST
)
.
| Den Teufel spürt das Völkchen nie,
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| Und wenn er sie beim Kragen hätte.
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FAUST.
| Seid uns gegrüßt, ihr Herrn!
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SIEBEL.
| Viel Dank zum Gegengruß.
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| ( Leise , MEPHISTOPHELES von der Seite ansehend .)
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| Was hinkt der Kerl auf einem Fuß?
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MEPHISTOPHELES.
| Ist es erlaubt, uns auch zu euch zu setzen?
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| Statt eines guten Trunks, den man nicht haben kann,
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| Soll die Gesellschaft uns ergetzen.
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ALTMAYER.
| Ihr scheint ein sehr verwöhnter Mann.
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FROSCH.
| Ihr seid wohl spät von Rippach aufgebrochen?
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2190
| Habt ihr mit Herren Hans noch erst zu Nacht gespeist?
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